Ich seh' den Jungen ohne Schrei,
das Leben lässt von dannen zieh'n
er sinkt zum Grund, er scheint so frei,
ach, gottverdammt – ich kannte ihn.
"Mir war das Leben eine Qual",
so sprach er und umarmte mich,
"du lebe fort, ich geh' dann mal",
bevor er ging bedankt er sich.
Nur ein paar Schritte, dann war Schluss,
er strauchelt kurz dann sinkt er hin,
in meinen Ohren dröhnt ein Schuss,
Oh Himmel, wie entsetzt ich bin.
Die Kugel in den Kopf platziert,
sein Leben ist sofort entfloh'n,
das Blut so rot, das er verliert,
ich hoffe noch, doch weiß es schon.
Ich stürz' zu ihm, dreh ihn herum,
die Augen starren fahl und leer,
ich frage mich erst jetzt "warum?
war es denn wirklich sein begehr?".
Hat er denn nichts auf das er baut,
nein, viel mehr baute denn zu spät,
sein Leben aus, noch warm die Haut,
er sagt kein Wort das es verrät.
Doch keine Wahl er selber schuf,
die Angst der er erlegen ist,
nun weit verhallt mein Klageruf,
du greifbar nah' verstorben bist.
Es vielerlei Verbrecher gibt,
beendet manches Leben gar,
ein jeder Mensch wird doch geliebt,
wenn auch er selbst ein Täter war.
Ich sah' den Jungen ohne Schrei,
das Leben ließ von dannen zieh'n
er sank zum Grund, war Vogelfrei,
ich hab's getan, ich schoss auf ihn…
© M. Reinhart 2009